Foto: Rüdiger Schestag
Künftig möchten wir Ihnen hier jeden Tag einen Veranstaltungstipp geben. In dieser Nullausgabe erläutern wir stattdessen, warum wir die Musikzeitung Kesseltöne gegründet haben und wo wir damit hin wollen.
Von Petra Heinze
„Eigentlich sollte man die Kritiken von Herrn E. gar nicht mehr lesen. Er lässt selbst die wundervollsten Konzerte allenfalls wie eine nette Provinzvorstellung aussehen“, ärgert sich Frau A. „Das finde ich gar nicht so schlimm.“, kontert Frau G., die mit ihr zusammen ein Konzert besucht hat. „Furchtbar ist, dass kein weiterer Kritiker in dem Konzert war, der die Dinge vielleicht anders sieht“.
Tatsächlich verschwand die Musikkritik in den letzten Jahren immer mehr aus den Kulturseiten der Zeitungen. Wo vor fünf Jahren noch drei bis vier Kritiker ein klassisches Konzert anhörten, kommen heute oft nur noch einer oder keiner. Konnten Frau A. und Frau G. früher verschiedene Kritiken abwägen, sich ärgern oder freuen, sich mit anderen darüber austauschen und so ein Konzert tiefer durchdringen und im Bewusstsein behalten, so sind sie heute oft mit Einzelmeinungen konfrontiert. Wenn überhaupt. Da die Konzerte meist in den Abendstunden stattfinden, können sie nicht gänzlich von den Musikredakteuren abgedeckt werden, die schon tagsüber das Blatt machen. Vielmehr wird diese kleine Kunstform oft an freie Mitarbeiter vergeben und die erzeugen zusätzliche Kosten. Im Kulturressort mehr als anderswo. Dieses Geld fehlt den Zeitungen heute.
Das hat nicht nur die Folge, dass klassische Konzerte weniger im Gespräch und damit im Bewusstsein bleiben, sondern wirkt auch auf die Konzerte selbst: Wenn nur noch spektakuläre oder mainstreamige Konzerte eine Chance haben, rezensiert zu werden, wird sich dies mittelfristig auf die Programmauswahl der Musikinstitutionen auswirken und langfristig auch auf die Subventionierung derselben durch die öffentliche Hand: Nach welchen Kriterien sollen Politiker ihre Gelder vergeben, wenn ihnen keine professionellen Einschätzungen des Geschehens mehr zur Verfügung stehen?
Dem möchten die Kesseltöne als Satellit der Zeitungswelt abhelfen mit einer täglichen Kritik, einem täglichen Veranstaltungstipp, Hintergrundberichten und Ausblicken in angrenzende Genres. Wichtig ist uns auch, dass Sie, werter Leser, sich auf unserem Portal austauschen können, wie eingangs Frau A. und Frau G.: Untereinander und mit dem Kritiker sowie in unserem Forum über freie Themen der Klassikszene. So ein Vorhaben bedarf einer professionellen Redaktion und professioneller Kritiker. Damit wir unabhängige Kritiken liefern können, sollen die Kesseltöne ohne Werbung erscheinen, mit freiem Zugang für alle und mittelfristig finanziert mit freiwilligen Abonnements. Für das erste Jahr brauchen wir jedoch eine Anschubfinanzierung, bei deren Einwerben uns diese Nullnummer helfen soll. Hat sie Ihnen gefallen? Dann freuen wir uns über Ihre Spende. Unsere Bankverbindung finden Sie im Impressum. Vielen Dank und viel Spaß beim Lesen.
Schreiben Sie einen Kommentar