Albrecht Dürr (Foto: Lampmann)
Die Reihe „Nachtschwärmerkonzerte“ veranstalten die Stuttgarter Philharmoniker zusammen mit dem BIX Jazzclub in den Räumen des Gustav-Siegle-Hauses. Einer der Initiatoren ist der langjährige Philharmoniker-Dramaturg Albrecht Dürr. Ihn befragte Jürgen Hartmann zu den bisherigen Erfahrungen mit diesem ungewöhnlichen Konzertformat.
Albrecht, die Nachtschwärmerkonzerte sind ja nicht einfach aus dem Dunkel erschienen. Wann habt ihr euch zum ersten Mal Gedanken über neue Konzertformate gemacht?
Das ist sehr, sehr lange her! Eigentlich macht man sich doch seit es Musik gibt darüber Gedanken, welche Funktion sie hat und wie man sie präsentiert. Das klassische Sinfoniekonzert ist sicher heute eine sehr konservative, quasi museale Form der Präsentation, mit einem Repertoire vom 18. Jahrhundert bis heute. Und doch ist nicht ein Konzert wie das andere, es ist ja auch in dieser Zeit einiges passiert. Aber es stimmt schon, die Konzertsäle und die Präsentation darin erweisen sich als sehr beharrlich.
Wie aber kommt man dann auf neue Ideen?
Konkretisiert hat sich das vor einigen Jahren im Zusammenhang mit Überlegungen zur Zukunft der Kultur und Musik in Stuttgart, die von der damaligen Kulturamtsleiterin Birgit Schneider-Bönninger angestoßen wurden. Wir als Philharmoniker haben immer wieder in Einzelfällen etwas ausprobiert. Die Nachtschwärmer-Konzerte, wie auch die Reihe „Mitten im Orchester sitzen“ oder die „Haus-Rallye für Kinder“, sind aber von vornherein als Reihe in alternativen Formaten gedacht gewesen, und das war neu.
Und warum wurde gerade diese Idee realisiert? Wegen der möglichen innovativen Inhalte, oder weil sie am besten machbar war?
Ich gebe zu – beides hat eine Rolle gespielt. Was die Machbarkeit angeht: Es lag eben nahe, für eine solche Reihe unser eigenes Gustav-Siegle-Haus zu nutzen. Es ist für konventionelle Konzerte mit großem Orchester nur bedingt geeignet, man muss also ohnehin einfallsreich mit dem Raum umgehen. Und das Beste ist – im Haus befindet sich ein Jazzclub.
Und genau das begründete die inhaltliche Erweiterung?
Es treffen sich nicht nur zwei Musikstile, also komponierte und improvisierte Musik. Es begegnen sich, wenn man so will, auch zwei Wahrnehmungskulturen. Man hört Klassik und Jazz eben ganz unterschiedlich, im Sitzen oder Stehen, schweigend oder mit Unterhaltung, möglichst konzentriert oder mit einem Getränk in der Hand. Also können wir die Gewohnheiten in beide Richtungen aufbrechen, und das ist sehr reizvoll.
Ist der Ablauf eines solchen Abends dann selbst wieder formatiert, also festgelegt?
Nein, gar nicht. Die Nachtschwärmer-Konzerte können sehr unterschiedlich ablaufen und sollen ja auch überraschen. Immer werden die Räume im Gustav-Siegle-Haus, also das Foyer, der Saal und eben das BIX, bespielt, aber in verschiedenen Variationen. Meistens fängt es im Foyer mit einer Jazzbesetzung an, der die Leute entspannt und zwanglos zuhören. Das ergibt gleich eine Art Club-Atmosphäre. Übrigens, bei aller Liebe der Jazzmusiker zu diesen freien Formen und zur Improvisation, spielen sie ganz gerne mal in einer klassischen Konzertsituation. Und auch das können wir ausprobieren.
(Fortsetzung folgt!)
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