Der doppelte Hund sonnt sich in unserer Aufmerksamkeit, Foto: Holger Schneider
Einer Kopfkinomusik und einem Hund namens Wanda setzt unser Autor in den folgenden Zeilen ein Denkmal.
Erschallet, Trompaunen!
Also, Trompaunen werden – andernorts bekanntlich – von Nebelheimern gespielt, was hierzulande insofern befremdlich dünken mag, als unsereine:r nie den Zamonischen Kontinent betreten haben dürfte. Nun aber wissen wir endlich auch, wie sie wirklich klingen. Zwar hat das eine mit dem andern rein gar nichts zu schaffen, dennoch fiel es mir wie Schuppen von den Ohren, als ich, bekennender Moers-Fan, jüngst eher zufällig eintauchte in das „Multiverse“ von Gadi Sassoon, eines verrückten Komponisten, der im Rahmen des abgefahrenen NESS-Projekts (Next Generation Sound Synthesis) an der schottischen Universität von Edinburgh gemeinsam mit Mathematiker:, Physiker: und IT-ler:innen daran herumtüftelte, hyperrealistische Simulationen von traditionellen Instrumenten auf einem Supercomputer zu erzeugen: kilometerlange, von Drachenfeuer geblasene Trompeten oder von nadeldünnen Alien-Fingern angeschlagene Gitarren waren Zielvorgaben an die Architektur der rechnenden Chips. Just vor einem Jahr veröffentlichte Sassoon sein „Multiverse“, ein Album mit Klängen, die er in vielen langen Nächten im Universitätslabor alchimistisch heraufbeschwor, besessen und genial wie wiederum, bei Moers bezeihungsweise Hildegunst von Mythenmetz, der Eydeet Professor Doktor Adbul Nachtigaller mit seinen sieben Gehirnen… Das ist alles verwirrend komplex, ziemlich durchgeknallt, mithin hoffentlich nicht ganz tiefernst gemeint, dabei wirklich aufregend zu hören, jedenfalls als krasse Kopfkinomusik. Wer allerdings fröhliches Nebelheimer Treiben sucht und die Trompaunen von Jericho als derzeit extrem unpassend erachtet, sollte zum Räucherkerzchenduft (Tipp: Neudorfer von Huß!) besser eine wohlvertraut vorweihnachtliche Platte (Tipp eher unnötig) auflegen. Ich habe mir das Trompaunen-Vinyl jedenfalls zur Selbstbescherung bestellt und leihe es gern aus.
Hündchens Nachtgesang
Am Ende doch noch eine kleine Live-Musik: Meine liebste, beste momentan ist allerdings weitgehend nichtöffentlich und unteilbar und damit allenfalls gut für einen ganz geheimen Tipp: Wanda heißt die bezaubernde Musikerin, kam mit ein paar Jahren unergründlicher Vergangenheit zu uns, kann Rhythmen mit dem Fressnapf auflegen, dass einem die Ohren schlackern, kann in sonorem Mezzo mitbellen, wenn es die illustre Cannstatter Kurpark-Community erfordert, treibt’s mitunter zur kapriziösen Soubrette, kann im Traume wohlig schnorcheln oder gluckernd japsen oder einfach nur eine ganz enorm beredte Stille auflegen, die im Konzertsaal zwar auch, niemals aber mit jenem Blick ganz besonders erlebbar wird, mit dem Dich ein Lebewesen mit solchen Augen beschenkt. Drum such in Zeiten der Stille die Blicke (ggf. mit Dioptrienausgleich des Mindestabstands) – die Töne folgen von ganz allein. Und sie rennen uns, im Gegensatz zu Wanda, nicht davon.
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