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Was sich Konzertmacher:innen wünschen

Mitglieder des Stuttgarter Kammerorchesters warten im Freien, Foto: SKO

Nachdem wir zunächst Konzertgänger:innen fragten, was sie sich von einem Konzertleben der Zukunft wünschen, nehmen nun Konzertmachende zu dieser Frage Stellung: Musiker, eine Dramaturgin und ein Festivalleiter.

Von Jürgen Hartmann und Petra Heinze

Mein Traum vom Konzertleben der Zukunft ist ein Publikum, das wie zu Zeiten von Mozart, Beethoven, Mendelssohn oder Schumann nach neuen Stücken dürstet, während die Komponistinnen und Komponisten danach trachten, diese Neugier mit Stücken zu befriedigen, die geistig anspruchsvoll, emotional überzeugend und künstlerisch inspirierend sind! Wir brauchen den Aufbruch zu neuen Impulsen, weg vom musealen Verwalten des Traditionellen – hin zu einer ambitionierten Vitalität mit künstlerischem Selbstbewusstsein, ästhetisch wie philosophisch auf der Höhe der Zeit.

Ekkehard Klemm, Chefdirigent der Elbland Philharmonie Sachsen

Die Menschen werden nur zögerlich zurückkommen. Mehr Abstand in den Sälen und kompaktere Formate haben nicht wenige Musikfreunde überzeugt, vor allem ältere, die den Kern des Klassikpublikums auch weiterhin bilden werden mit Muße, Zeit, Bildung und Ressourcen. Wünschenswert wäre daher: regionaler, überschaubarer, persönlicher. Den auch finanziell überdrehten Jetset den Must-Have-Events wie Salzburg et cetera überlassen. 

Andreas Bomba, Intendant der Bachwoche Ansbach

Geld wird eine sehr wichtige Rolle spielen, die Budgets werden sicherlich unterschiedlich verteilt. Erste Konzert gehen schon vor die Hunde und wir müssen versuchen, unser Publikum für die nächsten Jahre bei der Stange zu halten und auch neues Publikum zu gewinnen. Das wird in der Klassik die Aufgabe sein und deswegen ist meine Erwartungshaltung nicht so hoch, es liegt eher an uns Musikern, dass wir für unsere Musik den Weg bereiten und auch gute Veranstalter und Partner finden, um die Qualität zu sichern.

Christian Schmitt, Organist

Konzentration der Veranstalter:innen und Künstler:innen auf die Intensivierung des Live-Erlebnisses von Musik. Dazu gehören das Erkunden neuer Räume, ungewöhnliche Besetzungen und das Aufbrechen der räumlichen Trennung von Ausführenden und Publikum. Dies soll nicht der „Eventisierung“ des Konzertlebens das Wort reden, sondern den immer unterschiedlicher werdenden Zuschauer:innen inspirierende, unmittelbare und sinnliche Musikerfahrung ermöglichen.

Ulrike Schröder, Chefdramaturin Musiktheater Magdeburg

Ich hoffe, dass sich das Konzertleben der Zukunft etwas vielfältiger gestaltet. Gerade in finanziellen Notlagen, die die Corona-Pandemie mit sich bringt, möchten die wenigsten Veranstalter auf Risiko gehen und bauen auf Klassiker, die die Leute bereits kennen. Ich hoffe, dass sich das wohl bekannte Repertoire ein wenig mit neuem und alternativem Material mischt, sodass auch neues Publikum zum Konzertleben bewegt wird. Ich erwarte jedoch, dass das genauso schleppend passiert wie vor der Coronazeit.

Timothy Roller, Sänger, Tänzer und Schauspieler


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