Die Online-Kulturzeitung für Stuttgart und Umgebung


Das Winterrätsel: Wer bin ich?

Hier lebte der Erfinder der literarischen Figur, die wir suchen (Foto: Wiki Commons)

Die Kesseltöne starten eine neue Rätselvariante: Literarische Figuren erzählen aus ihrem fiktiven Leben. Erraten Sie, um welche Figur es geht! Der Auftakt passt zur Jahreszeit.

Von Jürgen Hartmann

 Wenn ich auf mein Leben zurückblicke, erinnere ich mich als erstes an Kälte. Meine Mutter und ich lebten bescheiden nach dem Bankrott und Selbstmord meines Vaters, plötzlich gab es keine Dienstmädchen mehr, die morgens den Kamin anheizten. Später, bei meinen Pflegeeltern, ging es herrschaftlicher zu, aber meine Ehe, die sich dort anbahnte, ergab sich eher aus kühler Vernunft denn aus heißer Liebe.

Als ich viel später endlich mit meiner Geliebten leben konnte, für allzu kurze Zeit, hausten wir in einem riesigen, aber eisig kalten Haus auf dem Lande; Holz oder Kohlen waren Mangelware und es wäre auch kein Geld dagewesen, um sie zu kaufen. Wir waren glücklich, aber auch dort erreichten uns die Wirren jener Zeit und die Trennung war unvermeidlich. Ich sah sie nie wieder. Irgendwann kehrte ich in die Hauptstadt zurück, lebte bescheiden und ging meinem Beruf nach. Vielleicht konnte ich einigen Menschen etwas Gutes tun, mein eigenes Herz konnte ich nicht heilen.

Dass mein Leben einmal so viele lesende, sehende und hörende Menschen in aller Welt faszinieren sollte; dass man ausgerechnet wegen einer sehnsüchtigen Melodie an meinen Namen denken würde, das ahnte ich nicht. Aber dass die Zustände in meinem Land zahllose Menschen in Angst und Verzweiflung stürzen könnten, noch viele Jahrzehnte nach meinem Tod, ja, das haben wir, mein Erfinder und ich, geahnt. Den Preis, den er wegen mir erhielt, konnte er aus politischen Gründen nicht annehmen. Erst viele Jahre nach seinem Tod wurde er in unserem Land rehabilitiert.

Schreiben Sie uns die Lösung als Kommentar. Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir ein Lieblingsbuch der Kesseltöne-Redaktion.


Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


Aktuelle Beiträge

  • Verrückte Welt, verdrehte Logik
    Von wegen Schrebergarten! Nicht den Vereinsmeiern, sondern dem Sohn des zweifelhaften Namenspatrons widmeten sich die Neuen Vocalsolisten im Theaterhaus mit den „Schreber Songs“. Das Ende ist Wahnsinn, und Holger Schneider war dabei.
  • Wie war’s bei „Gianni“ in der tri-bühne?
    Während des Viertelfinales Deutschland – Spanien war im Theater tri-bühne der ebenfalls live gespielte Opernfilm „Gianni“ nach Puccinis Einakter „Gianni Schicchi“ zu sehen. Ute Harbusch und Petra Heinze haben sich für’s Theater entschieden und dabei gewonnen.
  • Wie der Fleck zur Vase fand
    Menschlich-tierische Zwischenwesen und ein rätselhafter Fleck: „Just before Falling“ im FITZ, präsentiert vom El Cuco Projekt, spielt zwischen Urzeit und Apokalypse. Unsere Redakteurin Ute Harbusch fand die Performance irritierend und tröstlich zugleich.
  • Das Sommerrätsel: Wer schrieb das?
    Eine Schar blonder Jünglinge warf Bierdosen nach mir. Und dann warfen sie Steine. Und dann wurden die Steine größer. Und dann blieben die Steine in der Luft, sie saßen mir im Nacken, sie trafen mich erst, wenn ich mich umdrehte.
  • Wie war’s mitten im Orchester bei den Stuttgarter Philharmonikern?
    Statt in den Stuhlreihen vor dem Orchester einmal zwischen den Geigen und den Hörnern sitzen? Die Reihe „Mitten im Orchester“ der Stuttgarter Philharmoniker macht es möglich. Unsere Redakteurin Ute Harbusch erlebte so Schuberts Große C-Dur-Sinfonie unter Leitung von Mario Venzago und schildert Petra Heinze ihre Eindrücke.