Mit ungewöhnlichen Konzertformaten bespielen die Stuttgarter Philharmoniker gerne ihren Probensaal im Gustav-Siegle-Haus. Jetzt besuchte Ute Harbusch dort ein Konzert mit Lesung und erzählte Petra Heinze davon.
Petra Heinze: Liebe Ute, Du hast Dir bei den Beethoven-Tagen der Stuttgarter Philharmoniker eine Veranstaltung im Gustav-Siegle-Haus ausgesucht. Was war da los?
Ute Harbusch: Kammermusik von Beethoven, gespielt von Mitgliedern des Orchesters und dem jungen Stuttgarter Pianisten Maximilian Schairer (Bild), wurde kombiniert mit zwei kurzen Lesungen von Albrecht Selge aus seinem „Beethovn“-Buch. Die Musiker:innen begannen mit dem 3. Klaviertrio aus Beethovens op. 1, also einer der ersten von ihm mit einer Opus-Zahl versehenen Kompositionen. Es folgte ein Streichquartettsatz von Haydn, und zwar der erste seines allerletzten, unvollendeten Quartetts op. 103. Den Abschluss machte Beethovens 4. Klavierkonzert in der aus dem 19. Jahrhundert stammenden Bearbeitung für Klavier und Streichquintett von Vinzenz Lachner.
Petra Heinze: Fügte sich das zusammen und was trugen die Lesungen von Herrn Selge bei?
Ute Harbusch: Die Programmfolge brachte mich ins Grübeln. Warum der eine Haydn-Satz? Vielleicht, weil Beethoven die Kunst des Haydnschen Streichquartetts auf das Klaviertrio übertragen hat? Weil Haydn ihm abgeraten hatte, ausgerechnet dieses dritte Trio zu veröffentlichen? In Albrecht Selges Buch sprechen reale und fiktive Personen über Beethoven. Für unser Konzert hat der Autor Monologe von Beethovens Haushälterin und seiner Unsterblichen Geliebten ausgewählt. Letztere erklärt das 4. Klavierkonzert, das wir ja dann auch hörten, zu ihrem liebsten. Insgesamt habe ich durch die eingeschobenen Texte die Musik anders als in einem unkommentierten Konzertvortrag gehört. Sie klang persönlicher, kam mir näher.
->Siehe auch: Die Kesseltöne lesen: „Beethovn“ von Albrecht Selge
Petra Heinze: Der 28-jährige Pianist Maximilian Schairer hat bereits zahlreiche Stipendien erhalten und Preise gewonnen. War er der Star des Abends?
Ute Harbusch: Er hat sich als Teamplayer und als Solist brillant bewährt. Brillant war auch sein Spiel, die schnellen perlenden Skalen zum Beispiel im Mittelteil des Trio-Menuetts, und natürlich im Rondo des Klavierkonzerts. Er war sehr souverän und sicher, auch stilsicher. Keine Extravaganzen, sondern ausgewogen variantenreich im Ausdruck. Im Klavierkonzert hat er uns so begeistert mit seinem Können und seiner Virtuosität, dass es Standing Ovations gab. Beethoven war zehn Jahre älter, als er sein Konzert in Wien uraufgeführt hat. Das Staunen, die Begeisterung des damaligen Publikums konnten wir jetzt noch einmal erleben.
Petra Heinze: Und würdest Du bald erneut einen Kammermusikabend mit den Phillies besuchen?
Ute Harbusch: Ja, es gefällt mir, die Musiker:innen des Orchesters auch in diesen kleinen Formationen zu erleben. Und dramaturgisch gehen dort viele Angebote über ein bloßes Konzert hinaus – wenngleich ich mir an diesem Abend eine engere Verzahnung von Lesung und musikalischem Vortrag gewünscht hätte.
Foto: Sofija-Palurovic
Die Beethoven-Tage der Stuttgarter Philharmoniker Ludwigsburg-Stuttgart finden auch 2026 wieder über das verlängerte Himmelfahrts-Wochenende statt.
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