Die Online-Kulturzeitung für Stuttgart und Umgebung


Wie war’s beim Lunchkonzert in der Oper?

Ulrike Below und Martin Maier musizieren mitten im Publikum, Foto: Redaktion

Vor gut fünf Jahren begann die Staatsoper Stuttgart, zum halbstündigen Lunchkonzert mit Mitgliedern des Staatsorchesters in ihr Oberes Foyer einzuladen. Ursprünglich als Appetithappen zu den Konzertreihen des Staatsorchesters gedacht, wurde das Format selbst ein Publikumsrenner. Ute Harbusch und Petra Heinze wollten wissen, warum.

Petra Heinze: Liebe Ute, beim Hineinkommen fiel auf, dass die Veranstaltung überaus gut besucht war. Wie kam dir das Publikum vor?

Ute Harbusch: Es war bunt gemischt: Klassische Konzertgänger im Rentenalter, Berufstätige, die zum Teil vor dem Einlass noch am Vesper vom Bäcker kauten, eine Mutter mit Kind, eine Jugendgruppe und eine Gruppe von Rollstuhlfahrerinnen mit Begleitung.  Das Publikum saß und stand auf derselben Ebene wie die Musikerinnen. Das teilte sich spürbar mit und bestimmte den Charakter des ganzen Konzerts: kein Podium, kein Graben, kein Ritus.

Petra Heinze: Wie nahmst du den Ablauf wahr?

Ute Harbusch: Nachdem klar war, wer sitzen und wer stehen würde, erklang eine zweistimmige Fanfare durch die leicht geöffnete Mitteltür. Das war schon der Beginn des offiziellen Programms. Die Oboistin Ulrike Below und der Trompeter Martin Maier traten auf, spielten den nächsten Satz, begrüßten die Pianistin Rita Kaufmann. Zwischen der Musik erzählten alle drei Musikerinnen von ihrem Alltag in Orchestergraben und Probenraum und vom Zustandekommen des heutigen Programms. Man erfuhr auch Details aus der Musikgeschichte: Die barocke Tafelmusik war offenbar eine Art Vorläufer des Lunchkonzerts, nur dass damals zur Musik wirklich auch gegessen wurde.

Petra Heinze: Wenn ich es richtig verstand, hatten die Musikerinnen das Programm selbst ausgesucht. Wie hat es dir gefallen?

Ute Harbusch:  Ich fand sowohl die Auswahl wie das ganze mittägliche Konzert ungemein erfrischend. Bläserduette des 20. Jahrhunderts wurden kontrastiert mit barocken Concerti. Diese Gegenüberstellung hat einen weiten Assoziationsraum eröffnet, mir kamen ganz allgemeine Gedanken über das Phänomen Musik und das Ereignis Konzert. Dadurch, dass Musik auf Augenhöhe und außerhalb des bürgerlich-sakralen Rahmens erklang, ging es mich viel direkter an. Abgesehen davon klangen die Oboe und die Trompete im Miteinander wie im Wechsel ganz bezaubernd.

Petra Heinze: Hat dir etwas gefehlt bei diesem ungewöhnlichen Format?

Ute Harbusch:  Gefehlt hat mir in der Tat der Lunch. Weil ich mir leider kein Vesper vom Bäcker besorgt hatte, knurrte mir schon vor Beginn der Magen.

Die nächsten Lunchkonzerte finden am 9. März, 21. April und 23. Juni statt.


Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


Aktuelle Beiträge

  • Zwischen Struwwelpeter und Gangsta-Rap
    Timo Brunke und die Hölderlin-Spoken-Word-Band mit „Mitteleuropapperlapapp“ im Theaterhaus: Wahnsinn und Weltliteratur, skurril und virtuos, findet Kesseltöne-Rezensentin Angela Reinhardt.
  • Das ist Glück!
    Stuttgart ist eine Chorstadt, weshalb die Kritik von Chorkonzerten in den Kesseltönen eine beträchtliche Rolle spielt. Aber was denken und fühlen eigentlich die Besucher:innen dieser Konzerte? Petra Heinze hat im Norden und Süden der Republik mal nachgefragt.
  • We shall overcome
    Lange hatte sie es vor. Endlich hat sie es gewagt. Unsere Redakteurin Ute Harbusch stürzte sich am vierten Adventssonntag in die Menge, um am 6. Stuttgarter Weihnachtssingen im Kickers-Stadion teilzunehmen.
  • Endlich mal was anderes
    Dreifache Premiere: Erstens die von „Once“ an der WLB Esslingen. Zweitens heißen die Kesseltöne unsere neue Autorin Angela Reinhardt so herzlich willkommen wie, drittens, die Sparte Musical.
  • Erleuchtung bei Beethoven
    „Light“ heißt das kürzlich erschienene Debüt-Album des Stuttgarter Sonus-Quintetts. Drei Bearbeitungen für fünf Holzblasinstrumente rücken die Originalwerke tatsächlich in neues Licht, findet Jürgen Hartmann – und bestaunt eine unerwartete Überraschung.