Die Online-Kulturzeitung für Stuttgart und Umgebung


Schneiders Tipps der Woche (1)

Foto: Sir Roger Norrington, festgehalten von Holger Schneider

Eigentlich sollten es sehr persönliche Konzerttipps werden. Unser Autor Holger Schneider hat sich jedoch blitzschnell an die neue Lage angepasst und unterhält uns stattdessen mit Gefundenem und Nichtgefundenem aus dem Netz.

Die ultimative Monatsrevue

„Ich würde Ihnen zu gern jetzt ein paar Live-Termine nennen im Dezember, aber wer weiß, ob das alles noch stattfindet.“ – Quelle: Die musikalische Monatsrevue, 27.11.2021, Autor: Lars Reichow, made by SWR. Womit wir schon bei Tipp Nr. 1 wären, der ein echter Doppeltipp ist: Das Ding ist in der Mediathek und MUSS natürlich gehört sein (eine Binsenweisheit, längst auch für die ganze Welt außerhalb des winzigen SWR-Hörer:innen-Orbits!). Es enthält als herrlich blödes Gelalle von vier Minuten eine Ode auf die Sinnlosigkeit des Nichtlebenwesendaseins schleimig-organischer Destruktor-Bausätze, denen seitens humanoider Kapitulanz auch noch lateinisch-griechische Adelstitel angebrämt werden: Pandemie im Zeitraffer – Reichows November-Song – schenkt ihm alle Opusse! Die zweite Hälfte vom Doppel-Tipp: Silvester kracht’s auch ohne Geballer, nämlich mit der nächsten Ausgabe der musikalischen Monatsrevue, und mit dem Sendebeginn um 9:05 haben wir noch genug Zeit, die quälenden Stunden bis Jahresende in ausgelassener Heiterkeit über das Gehörte zu verkichern… (Nebenbei: wenn je wem die Impertinenz des pandemischen Imperativs „Bleib gesund!“ als echt dringender Wunsch anheimzugeben sei, dann bitte dem Lars der Larse!)

https://www.swr.de/swr2/musik-klassik/lars-reichow-musikalische-monatsrevue-100.html

Sir Rogers unerhörter Haydn

„Seine Musik kann ein bisschen langweilig klingen, aber wenn man Haydn gut spielt, dann gibt es keine bessere Musik auf der Welt.“ Er selbst hat uns schönste Beweise für diese kühn-wahre Behauptung geschenkt: Sir Roger Norrington. Dass sein Abschiedskonzert am 18. November längst nicht so sang- und klanglos war, wie es an uns vorüberging, bestätigen die Rezensionen des Haydn-Programms, das im englischen Gateshead zum Besten gegeben wurde. „This event has passed“ heißt es indes belehrend auf der Website des Stream-Dealers: Ganz ehrlich, wir können das eigentlich selbst ganz gut ermessen. Dass es dem hoffnungsfrohen Interessenten in Stuttgart nicht gelang, den Kaufvorgang des Livestream-Tickets inklusive Sicherheitsüberprüfung der hiesigen Bank über die verrammelte Bezahlgrenze des Vereinigten Königreichs zu bringen: geschenkt! Hilfreich allerdings wäre ein Hinweis gewesen, warum das saubere britische Plattförmchen nicht das geringste Interesse daran zu haben scheint, ein paar Tickets im Nachhinein veritabel feilzubieten, auf dass wir, die wir kaum einen feuchten Kehricht von diesem wunderbaren Event erfahren haben, wenigstens auf diese Weise ein wenig hätten dabei gewesen sein können… Wir hätten sogar in Pfund bezahlt! Aber nein! Gar nix außer: This event has passed!? Also bitte, hier mein Tipp: Überhäuft Sage Gateshead so lange mit Quengeleien, bis sie uns den Sir Roger rausrücken! Er gehört doch allen, auch jenseits der feinhumorigen Insel, jedenfalls wenn es um Haydn geht…

https://www.br-klassik.de/aktuell/news-kritik/roger-norrington-dirigent-beendet-karriere-100.html

https://sagegateshead.com/whats-on/rns-norringtons-haydn/


Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


Aktuelle Beiträge

  • Verrückte Welt, verdrehte Logik
    Von wegen Schrebergarten! Nicht den Vereinsmeiern, sondern dem Sohn des zweifelhaften Namenspatrons widmeten sich die Neuen Vocalsolisten im Theaterhaus mit den „Schreber Songs“. Das Ende ist Wahnsinn, und Holger Schneider war dabei.
  • Wie war’s bei „Gianni“ in der tri-bühne?
    Während des Viertelfinales Deutschland – Spanien war im Theater tri-bühne der ebenfalls live gespielte Opernfilm „Gianni“ nach Puccinis Einakter „Gianni Schicchi“ zu sehen. Ute Harbusch und Petra Heinze haben sich für’s Theater entschieden und dabei gewonnen.
  • Wie der Fleck zur Vase fand
    Menschlich-tierische Zwischenwesen und ein rätselhafter Fleck: „Just before Falling“ im FITZ, präsentiert vom El Cuco Projekt, spielt zwischen Urzeit und Apokalypse. Unsere Redakteurin Ute Harbusch fand die Performance irritierend und tröstlich zugleich.
  • Das Sommerrätsel: Wer schrieb das?
    Eine Schar blonder Jünglinge warf Bierdosen nach mir. Und dann warfen sie Steine. Und dann wurden die Steine größer. Und dann blieben die Steine in der Luft, sie saßen mir im Nacken, sie trafen mich erst, wenn ich mich umdrehte.
  • Wie war’s mitten im Orchester bei den Stuttgarter Philharmonikern?
    Statt in den Stuhlreihen vor dem Orchester einmal zwischen den Geigen und den Hörnern sitzen? Die Reihe „Mitten im Orchester“ der Stuttgarter Philharmoniker macht es möglich. Unsere Redakteurin Ute Harbusch erlebte so Schuberts Große C-Dur-Sinfonie unter Leitung von Mario Venzago und schildert Petra Heinze ihre Eindrücke.