Die Online-Kulturzeitung für Stuttgart und Umgebung


Wie Holger Schneider zur klassischen Musik kam

Foto: Victor S. Brigola

In unserer Sommerserie verraten die Kesseltöne-Autoren etwas aus ihrem Leben.

Sie kam zu mir. Irgendwie unentrinnbar, aber mit allergrößtem Charme. Großvater drüben in Dresden, ein Traum-Opa, angebrochenes Herz, Trost findend bei seiner Muse, in Partituren, Klavierspiel bei Palucca und im Herzenslachen der Enkelei: der Komponist, Pianist und Chormeister. Alles um ihn herum sang. Später auch ich, auch Mutter singend, ich erstmal drin lauschend, dann zunehmend fasziniert: ihr warm schwebender Mezzo-Generalbass. Vater mit seiner Zauberstimme: der einstige Kruzianer, nun Columbus des weiten Landes, in das ich ziehen wollte, musste. 

So kam sie, so kam was kommen sollte. Preludio e Fuga: Leipzig – unvermeidliche Blockflöte, ambitioniertes Waldhorn, weite Taiga Musikwissenschaft, endloser Reichtum in Oper, Gewandhaus, Kongresshalle (Herbert Kegel) und in Bachs Kirchen, Entdeckungen im lebendigen Musikinstrumentenmuseum, in der Musik des Jetzt und im Mikrokosmos Männerchor. Intermezzi im aufmüpfigen Salonorchester, als tapferer Zinkenist oder als Profundo des illustren Ensembles der russisch-orthodoxen Gedächtniskirche. Freunde für alle Zeiten (amarcord). Accompagnato: Hallenser Madrigalisten, allda die unendliche Liebe. Aria con Variazioni: Stuttgart – Gächinger, Helmuth Rilling, Bachakademie, die ganze Welt. Ich mag sie ja wirklich sehr. Allein dafür, dass ich sie nicht allzu lange suchen musste. Sie kam zu mir.


Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert


Aktuelle Beiträge

  • Verrückte Welt, verdrehte Logik
    Von wegen Schrebergarten! Nicht den Vereinsmeiern, sondern dem Sohn des zweifelhaften Namenspatrons widmeten sich die Neuen Vocalsolisten im Theaterhaus mit den „Schreber Songs“. Das Ende ist Wahnsinn, und Holger Schneider war dabei.
  • Wie war’s bei „Gianni“ in der tri-bühne?
    Während des Viertelfinales Deutschland – Spanien war im Theater tri-bühne der ebenfalls live gespielte Opernfilm „Gianni“ nach Puccinis Einakter „Gianni Schicchi“ zu sehen. Ute Harbusch und Petra Heinze haben sich für’s Theater entschieden und dabei gewonnen.
  • Wie der Fleck zur Vase fand
    Menschlich-tierische Zwischenwesen und ein rätselhafter Fleck: „Just before Falling“ im FITZ, präsentiert vom El Cuco Projekt, spielt zwischen Urzeit und Apokalypse. Unsere Redakteurin Ute Harbusch fand die Performance irritierend und tröstlich zugleich.
  • Das Sommerrätsel: Wer schrieb das?
    Eine Schar blonder Jünglinge warf Bierdosen nach mir. Und dann warfen sie Steine. Und dann wurden die Steine größer. Und dann blieben die Steine in der Luft, sie saßen mir im Nacken, sie trafen mich erst, wenn ich mich umdrehte.
  • Wie war’s mitten im Orchester bei den Stuttgarter Philharmonikern?
    Statt in den Stuhlreihen vor dem Orchester einmal zwischen den Geigen und den Hörnern sitzen? Die Reihe „Mitten im Orchester“ der Stuttgarter Philharmoniker macht es möglich. Unsere Redakteurin Ute Harbusch erlebte so Schuberts Große C-Dur-Sinfonie unter Leitung von Mario Venzago und schildert Petra Heinze ihre Eindrücke.